letzte Änderung: 29.Juli 2018  

Das Pentacon 4/300

 

Die (technischen) Daten

HerstellerVEB Pentacon (ehem. DDR)Pentacon 4/300
Pentacon 4/300 an einer Canon EOS 40D

 
Brennweite300 mm
  
Lichtstärkef/4
  
kürzeste Einstellentfernung3,6 m
  
BlendeBlendenzahlen 4 - 22 stufenlos einstellbar, Blendenvorwahl, 19 Blendenlamellen
  
optischer Aufbau5 Linsen in 4 Gruppen, einfach vergütet
  
Filtergewinde95 mm
  
MaßeLänge
Durchmesser
ca. 245 mm (mit M42 Anschluss)
ca. 100 mm
 
   
Gewichtca. 2.200 g (inkl. Stativanschluss, Streulichtblende M42/EF-Adapter und Deckel)
  
KameraanschlussPentacon Six, Exakta Bajonett, M42-Schraubgewinde, ohne Springblendenfunktion
  
Zubehör im LieferumfangStreulichtblende, Stativring, Deckel und Lederköcher sind gewöhnlich dabei, meist auch ein M42-Adaptertubus
  
Baujahrca. 1980-1985 (geschätzt)
  
Seriennummer8615113
  
Pentacon 4/300Aufnahme links: Canon EOS 40D und Pentacon 4/300, 1/15s, f/8, Stativ und Spiegelvorauslösung (größeres Bild durch Anklicken), nicht geschärft

Dieses Objektiv, das in einigen Varianten, die äußerlich leicht von aneinander abweichen, in der ehemaligen DDR von Meyer Görlitz und später nach der Umbenennung unter der Marke Pentacon gefertigt wurde, ist eigentlich für Mittelformatkameras (6x6) bestimmt gewesen. Es wurde aber mit dem optional erhältlichen (oder serienmäßigen?) M42-Konus vielfach für Kleinbildkameras verwendet. Dieser M42-Anschluss ist es, der dieses Objektiv auch heute noch interessant macht, da es sich so an die meisten SLR- und DSLR-Systeme adaptieren lässt.

Mein Exemplar habe ich gebraucht über ein großes Internetauktionshaus (die "Bucht") ersteigert. Vor dem Kauf las ich viele meist recht positive Berichte in verschiedenen Internetforen bzw. auf Webseiten "engagierter Fans". Als ich es dann in den Händen hielt, war ich von seiner Größe und mehr noch vom Gewicht zunächst überrascht.

Was leistet nun ein Mittelformatobjektiv an einer DSLR? Noch dazu ein derart betagtes Modell. Sicher kann man von einem Objektiv, das vielleicht schon an die 30 Jahre alt ist, nicht eine Leistung erwarten, die sich mit der eines modernen, apochromatisch korrigierten Hochleistungsobjektivs vergleichen kann. Mehrschichtvergütung, UD-Gläser, Innenfokussierung etc. wird man hier natürlich nicht finden (obwohl es auch eine MC-Variante gab). Dennoch ist mein Eindruck, was die Abbildungsleistung angeht, recht positiv.

An einer DSLR nutzt man ja nur einen kleinen Bereich des Bildkreises, den dieses Objektiv abdecken kann. Zum Vergleich: Beim 6x6-Mittelformat misst die Bilddiagonale etwa 80 mm. Bei meiner EOS 40D sind es nur etwa 27 mm, also etwa ein Drittel! Ein möglicher Randabfall der Abbildungsleistung sollte sich hier nicht in dem Maße bemerkbar machen, wie man es von Kleinbildobjektiven oder solchen kennt, die für das "Digital-Format" gebaut wurden.

Abbildungsleistung

Ich kann hier nur meine Erfahrungen basierend auf einem kleinen Test wiedergeben, dessen Resultate ich nachfolgend zeige. Auch wenn ich hier nicht mit detaillierten Test-Charts die das Auflösungsvermögen belegen etc. dienen kann (und will), denke ich doch, dass das hier gezeigte Material einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit dieses Objektivs erlaubt.

Zu den Testbedingungen: Das Objektiv wurde für alle Aufnahmen über seinen Stativring auf einem Stativ montiert. Als Kamera kam meine EOS 40D zum Einsatz. Alle Aufnahmen erfolgten im M-Modus mit Funk-Fernauslöser und Spiegelvorauslösung oder im LiveView-Modus, um ungewollte Vibrationen durch Spiegel oder Auslöser vor bzw. während der Aufnahme auszuschließen. Scharfgestellt wurde natürlich manuell mit Hilfe einer Einstellscheibe mit Schnittbildindikator oder auf dem Kameramonitor im LiveView-Modus mit elektronischer Lupenfunktion.

Schärfe

 Test Pentacon 4/300Das Test-Motiv

Dies ist eine unbeschnittene Darstellung der Aufnahme (hier: Blende 11, 1/200s), die für diese Website auf ca. 23% ihrer Originalgröße (mit entsprechendem Verlust der Auflösung) verkleinert wurde. Die nachfolgenden Detailansichten sind Ausschnitte aus dieser bzw. anderen Aufnahmen, die unter vergleichbaren Bedingungen gemacht wurden.

Ich habe hier ein Motiv mit mittlerem Kontrast bei bedecktem Himmel gewählt und zeige in den Detailansichten bewusst keine Stelle aus der Bildmitte oder dem Bildrand, sondern einen Bereich der sich etwa auf der Mitte dazwischen befindet.

 
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300

Bitte beachtet, dass die Detailansichten 50%- bzw. 100%-Ausschnitte sind und dass diese nicht nachbearbeitet (z.B. geschärft) wurden.

Es zeigt sich, dass sich bei offener Blende nur eine mäßige Schärfe erzielen lässt, aber abgeblendet um eine bis zwei Stufen werden die Ergebnisse deutlich besser.

Die Abbildungsleistung bei Blende 8 finde ich recht gut. Bei Blende 11 nimmt sie noch einmal ein wenig zu. Weiteres Abblenden auf Blende 16 steigert die Schärfe nur noch marginal. Bei Blende 22 nimmt die Abbildungsqualität wieder ab (vermutlich Beugungserscheinungen).

Chromatische Aberration

Die berühmten Farbsäume besonders in den Randbereichen treten hier nur bei offener Blende merklich zutage. Ab Blende 8 sind sie selbst bei 100% Darstellung mehr zu erahnen als zu sehen.

Test Pentacon 4/300Das Test-Motiv

Dies ist eine unbeschnittene Darstellung der Aufnahme (hier: Blende 11, 1/125s), die für diese Website auf ca. 15% verkleinert wurde. Die nachfolgenden Detailansichten sind Ausschnitte aus dieser bzw. anderen Aufnahmen, die unter vergleichbaren Bedingungen gemacht wurden.

Ich habe ein etwas kontrastreicheres Motiv gewählt und zeige hier immer zwei Ausschnitte aus jeweils einer Aufnahme.

  
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300
Test Pentacon 4/300Test Pentacon 4/300

Distorsion

Bei dem gewählten Versuchsaufbau konnte ich keine Verzeichnung feststellen.

Vignettierung

Bei offener Blende kann ein leichter Helligkeitsabfall zum Bildrand festgestellt werden. Ab Blende f/5,6 ist dieser nicht mehr sichtbar – zumindest beim "Crop-Format".

Abbildungsleistung, sonstiges

Eine ausgeprägte Reflexanfälligkeit habe ich nicht festgestellt. Das kann aber auch am Mangel tauglicher Motive liegen. Ansonsten: Nix Außergewöhnliches.

Darstellung von Hinter- und Vordergrundunschärfe / Bokeh

Die technischen Daten dieses Objektivs lassen viel erwarten: Brennweite 300 mm, größte Blende f/4 und 19 Blendenlamellen sind doch prima Voraussetzungen für ein butterweiches Bokeh. Aber so einfach ist das auch nicht. Zwar ist der Unschärfeverlauf tatsächlich sehr schön weich, aber das Pentacon überrascht bei offener Blende mit ausgeprägten CAs im Unschärfebereich, also einem Farblängsfehler (auch als "bokeh fringing" in englischsprachigen Texten zu finden). In den beiden 100%-Ausschnitten der Fotos von der Uferpromenade auf Amrum ist das gut zu sehen. Der Effekt nimmt zwar beim Abblenden auf f/8 deutlich ab, aber dann verliert das Spiel mit der Schärfentiefe und der Hintergrundunschärfe natürlich auch einen Großteil von seinem Reiz.

Die beiden Aufnahmen in der oberen Reihe (Klicken zum Vergrößern!) des folgenden Bilderblocks zeigen als Vergleich ein Motiv mit ausgeprägter Tiefenausdehnung bei Blende f/4 bzw. f/8. Darunter folgen 100%-Ausschnitte aus diesen Aufnahmen. Scharfgestellt wurde auf die erste Bank im Vordergrund.

Blende 4Blende 8
Blende 4 AusschnittBlende 8 Ausschnitt
Blende 4 AusschnittBlende 8 Ausschnitt

Diese Beispielbilder wurde nicht nachgeschärft. Deutlich erkennbar ist das Farbspiel in Magenta- und Cyanfarbtönen bei den Bildern, die mit Blende f/4 aufgenommen wurden. Wenn der Hintergrund nicht so kontrastreich ist, wie bei diesem Beispiel, dann fallen die CAs deutlich schwächer aus. Ein Beispiel dazu zeigen die folgenden Nahaufnahmen.

Nahaufnahmen

Sicher ist es nicht die Absicht des Herstellers gewesen, dem Pentacon 4/300 besondere Nahaufnahmemöglichkeiten mitzugeben. Bei einer Naheinstellgrenze von 3,6 m erreicht man mit diesem Objektiv einen Abbildungsmaßstab von etwa 0,1. Damit wären im 6x6-Mittelformat Kopfportraits machbar gewesen – mehr aber nicht. An der EOS 40D oder anderen Kameras mit vergleichbarer Sensorgröße lassen sich Vorlagen von etwa doppelter Postkartengröße formatfüllend abbilden.

Die Naheinstellgrenze kann mit Hilfe von Zwischenringen erweitert werden. Einfache Zwischenringe mit M42-Gewinde, ohne Blendenübertragungsfunktion bekommt man gebraucht für nur ein paar Euro je Satz. Bei mir lagen noch ein paar uralte M42-Zwischenringe herum, die ich unbedingt einmal am Pentacon ausprobieren wollte. Die beiden folgenden Bilder entstanden mit etwa 40 mm zusätzlicher Auszugsverlängerung durch zwei Zwischenringe, die ich zwischen Objektiv und M42/EF-Adapter geschraubt habe.

NahaufnahmeNahaufnahme

Linkes Bild: 1/250s, f/8. Rechtes Bild: 1/400s, f/5,6. Beide Aufnahmen mit Canon EOS 40D und Pentacon 4/300, Stativ und Spiegelvorauslösung. (größere Bilder durch Anklicken)

Handhabung

Fokussieren

Wie bei allen M42-Objektiven muss man natürlich "von Hand" scharfstellen. Ohne irgendwelche Hilfsmittel ist das bei modernen DSLRs aber gar nicht so einfach. Die Standard-Mattscheiben sind sehr fein mattiert und eher auf Helligkeit denn auf Einstelltauglichkeit optimiert.

Ich besitze eine Einstellscheibe mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring, die bei der EOS 40D leicht ausgetauscht werden kann, und außerdem einen M42/EF-Adapter mit AF-Unterstützung (sog. AF-Confirm-Adapter). Dieser Adapter verfügt über ein wenig Elektronik, die der Kamera ein EF-Objektiv vorgaukelt. Scharfstellen muss man natürlich manuell, aber wenn der Autofokus der Kamera "zufrieden" ist, erfolgt eine akustische bzw. optische Bestätigung – es "piepst" bzw. die entsprechenden AF-Felder im Sucher leuchten auf. Mir gefällt die Einstellscheibe mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring allerdings besser. Die Ergebnisse sind genauer.

Die besten Ergebnisse erziele ich allerdings im LiveView-Modus. Mit der elektronischen Lupe lässt sich einfach und vor allem sehr sicher die Entfernung einstellen.

Bei Motiven, die sich nicht bewegen und auf die man in Ruhe scharfstellen kann, würde ich die LiveView-Methode unbedingt empfehlen. Wenn sich das Motiv jedoch bewegt und man dabei die Entfernungseinstellung mitziehen muss, scheidet diese Vorgehensweise aus. Hier sind ein Schnittbildindikator bzw. die AF-Unterstützung durch einen speziellen M42/EF-Adapter sinnvoll.

Belichtungsmessung

Interessant ist, dass die Innenmessung meiner EOS 40D mit diesem Objektiv nicht zurechtkommt. Ich habe dieses Phänomen aber schon mit anderen alten manuellen Objektiven beobachtet und auch meine EOS 350D ist davon betroffen. Die Innenmessung produziert in diesen Fällen meistens mehr oder weniger deutliche Überbelichtungen.

Bei Verwendung der Standardeinstellscheibe EF-A oder der besagten Einstellscheibe mit dem Schnittbildindikator habe ich hier mit Mehrfeldmessung gearbeitet. Das Objektiv war über den M42/EF-Adapter mit AF-Unterstützung angeschlossen. Da dieser Adapter auch etwas Elektronik enthält, wird er eventuell auch die Messergebnisse beeinflusst haben.

Die folgenden Ergebnisse konnte ich so in Abhängigkeit von der eingestellten Arbeitsblende ermittelt.

Arbeitsblende45,68111622
Korrektur in Blendenstufen-0,33-1,00-1,66-1,66-1,66-1,66

Workaround: Der Fehler tritt übrigens nicht auf, wenn man die Kamera im LiveView-Modus betreibt. Dann wird die Belichtung mit dem Aufnahmesensor bestimmt und nicht auf der Mattscheibenebene ermittelt. Netter Nebeneffekt des LiveView-Prinzips!

Sonstiges

Das Pentacon 4/300 ist schon ein echter Brocken – zumindest für mich, der ich die Arbeit mit derart schweren Objektiven nicht gewohnt war. Das Gewicht des Canon EF 300mm 1:4L IS USM mit gleicher Brennweite und gleicher Lichtstärke beträgt gemäß Herstellerangaben nur 1190 g. Das ist etwa die Hälfte vom Pentacon! Ich werde dieses Objektiv wohl nicht so häufig dabei haben. ;-)

Gut gefällt mir der sehr solide wirkende Stativring, obwohl die Arretierschraube recht flach ist und bei kaltem Wetter vielleicht etwas fummelig werden kann. Zum 3/8" Gewinde kann man auch gleich einen Adapter aufs 1/4" Gewinde einplanen.

Preis

Das Pentacon 4/300 wird im Internet gebraucht für etwa EUR 50 bis EUR 180 gehandelt. Der Preis hängt stark davon ab, wie gut erhalten das jeweilige Exemplar ist und wie der Lieferumfang aussieht. Die untere Preisgrenze markieren meist Objektive mit leichten Putzspuren auf den Linsen und geringem Pilzbefall. Davon lässt man natürlich besser die Finger! Das Objektiv wurde ursprünglich (offensichtlich) immer mit Stativring, Objektivköcher und einer sehr kurzen Streulichtblende verkauft. Deckel sowie M42-Adapterkonus zum P6-Bajonett (der sollte auch wirklich dabei sein) machen es komplett.

Meines macht einen noch beinahe neuwertigen Eindruck. Nicht einmal am Stativanschluss hat es irgendwelche Gebrauchsspuren. Sein Preis lag bei etwa EUR 110.

Man findet im Internet sehr viele eher schlecht erhaltene Exemplare zu Preisen über EUR 100. Auch werden sehr oft Objektive zu Preisen zwischen EUR 300 und EUR 400 angeboten. Etwas Geduld zum Vergleichen lohnen sich auf jeden Fall.

Zum Kaufpreis muss man noch den M42-Adapter zum EF-Bajonett rechnen (EUR 10-20). Wichtig ist natürlich, dass man ein Objektiv mit M42-Konus ersteht. Sonst wird es unnötig umständlich und teuer wenn man den auch noch besorgen muss.

Das Objektiv besitzt, wie bereits erwähnt, einen Stativring mit 3/8"-Gewinde. Um das Objektiv auf ein Stativ montieren zu können, muss gegebenenfalls noch ein Adapter auf das häufig übliche 1/4"-Gewinde besorgt werden. Dies ist entweder ein Wechselteller oder ein Übergewinde (EUR 1-5).

Nun empfehle ich jedem, dessen Kamera keinen LiveView-Modus bietet, noch in irgendeine "Scharfstellhilfe" zu investieren. Dies ist entweder ein AF-Confirm-Adapter (s.o.; EUR 50-70) oder eine Einstellscheibe mit Schnittbildindikator und/oder Mikroprismenring (EUR 30-40, inkl. Versand). Wer eine Kamera verwendet, die einen LiveView-Modus bietet, kann auf diese Investition eventuell verzichten.

Fazit

Man bekommt für kleines Geld ein recht brauchbares Objektiv, dass vielleicht Lust auf mehr macht. Ich werde mir aber genau überlegen wann und wo ich mit dem Pentacon 4/300 fotografieren werde. Auf Verdacht schleppe ich das Teil bestimmt nicht mit!

Hinweis: Alle Angaben in diesem Report erfolgen ohne Gewähr!

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